«Wir spürten eine grosse Dankbarkeit in der Bevölkerung»

Der 12. März 2020 wird uns in ewiger Erinnerung bleiben, dieser Tag veränderte unseren bisherigen beruflichen Alltag als Medizinische Praxisassistentinnen komplett. Wir wurden von ­einem Tag auf den anderen vor sehr vielfältige und für uns bisher unbekannte Herausforderungen gestellt.

Wir können uns noch gut erinnern, wie wir am 12. März 2020 am Nachmittag in der Predigerkirche in Basel standen, um die Abläufe in der Teststation zu beobachten, um eine Vorstellung zu bekommen, wie das auch im Kanton Baselland ablaufen könnte. Wir waren sehr beeindruckt von den Abläufen und der Organisation. Das anfänglich mulmige Gefühl, ob die FFP2-Maske korrekt sitzt und wir uns und unsere Mitarbeiter genug schützen, um nicht angesteckt zu werden mit dem damals noch «gefährlichen» Virus, legte sich schnell, als wir mit den Mitarbeitern vor Ort über die aktuelle Situation sprechen und uns austauschen konnten. Wir durften das erste Mal an ­einem Stabsarbeitstag teilnehmen, bis zu diesem Tag, hatten wir beide noch nie Berührungspunkte mit dem Militär oder dem Zivilschutz, dementsprechend waren wir auch angespannt. Wir wurden herzlich empfangen vom Team des Krisenstabs BL, man gab uns umgehend das Gefühl, ein Teil der Lösung zu sein, und somit verflog unsere Nervosität auch ganz schnell, auch wenn wir uns bis heute an gewisse Gepflogenheiten noch nicht gewöhnt haben.

Am Samstag, 14. März 2020 entschied der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, dass am
18. März in Baselland zwei Teststationen eröffnet werden: im Kuspo in Münchenstein und in der Turnhalle in Lausen. Die Tage und Nächte dazwischen ­waren mit viel Arbeit verbunden und zeigten uns einen einzigartigen und unglaublichen Zusammenhalt unter den Mithelfenden, wie wir ihn noch nie erleben durften. Ob Zivildienstleistender, Kommandanten, ärztliche Leiter, Angestellte des Kantons, alle hatten das gleiche Ziel: der Pandemie so schnell als möglich ein Ende zu ­setzen. Mitarbeiter für die Teststationen wurden über ­Inserate gesucht. Unzählige Freiwillige meldeten sich darauf, und auch spontan vor Ort kamen Frei­willige und Ärzte vorbei und fragten nach, ob sie
uns unterstützen können. Die Motivation bei allen Interessenten war dieselbe, weshalb sie Einsätze in der Teststationen machen wollten: raus aus dem Lockdown.

In den Teststationen wurden Liegen aufgebaut, damit Patienten vor Ort auf das Testresultat warten und bei einem allfällig positiven Bescheid in das dafür bestimmte Spital überwiesen werden konnten. Klare Eingänge und Ausgänge für die Mitarbeiter wurden definiert, damit das Virus nicht verschleppt werden konnte. Desinfektionsmittel mit Kirsch­geschmack wurde kurz vor der Eröffnung geliefert, bei welchem sich alle nach einer Händedesinfektion ganz beduselt fühlten. Bei uns zuhause stand in der Garage ein Seifen­wasserbad bereit, um nach der Arbeit von der ­Teststation die Schuhe zu reinigen und nichts in das traute Heim zu tragen. Wir erlebten, wie Risiko­patienten in unseren eigenen Familien uns nur noch auf Abstand begegneten, aus Angst, sich bei uns ­anstecken zu können.

Die symptomatischen Patienten waren äusserst dankbar, dass sie in den Teststationen vorbeikommen durften und wir auch mal ein offenes Ohr für ihre ­Geschichte hatten, weshalb sie zum Testen vorbei­gekommen sind. Zu Beginn der Pandemie waren die Teststationen auch nachts geöffnet, so kam es vor, dass z. B. ein Bauer um 3 Uhr morgens, bevor er mit seiner Arbeit begann, einfach mal vorbeischaute, um zu sehen, was hier vor sich geht, und um sich über
die aktuelle Lage zu informieren. Es kamen viele Besucher vorbei, um sich aus erster Hand Informationen zur Pandemie und aktuellen Lage einzuholen in den Abklärungsstationen. Es lief trotz des Lockdowns etwas im Baselbiet und es nahm die Bevölkerung wunder, was hier genau ­gemacht wurde, und so gab es unzählige schöne ­Momente, und wir spürten eine grosse Dankbarkeit in der Bevölkerung.

Als es dann im Sommer 2020 ruhiger wurde und wir in eine kleinere Teststation zogen, planten wir täglich bis ca. 120 Tests. Wenn wir jetzt darüber nachdenken, müssen wir beide schmunzeln, da in der Teststation Feldreben in der Zwischenzeit pro Tag bis zu 3000 Tests durchgeführt worden sind. Die Pandemie hat uns ein weiteres Mal eingeholt. Eine so hohe Test­kapazität haben wir nie für möglich gehalten. Beim Umzug ins Feldreben, welcher in einer Nachtaktion stattgefunden hatte und bei dem alle aus dem ­Leitungsteam inkl. deren Familien anwesend waren, um möglichst rasch alles einrichten zu können, rechneten wir mit 1000 Tests pro Tag. Die Augen der Kinder leuchteten beim Sortieren der verschiedenen ­Abstrichstäbchen und Anbringen der Anleitungen in den Kojen für die Mitarbeiter am nächsten Tag.

Wir legten immer grossen Wert darauf, dass keine ­Hierarchie bestand innerhalb des Leitungsteams und dass wir die anfallenden Aufgaben aufteilen konnten. Das gesamte Team gab auch Rückhalt bei Heraus­forderungen wie z. B. jener des BAG, das jeweils am Freitagnachmittag neue Bestimmungen herausgab, die dann am Folgemontag schon umgesetzt werden mussten. Oder die Herausforderungen durch das TPH, die ETH oder das USB, die wissenschaftliche Studien durchführten, wodurch die ATS entsprechend angepasst und umstrukturiert werden musste. Die ideale Zusammenarbeit im Leitungsteam war für uns das Rezept, die hohen Testzahlen bewältigen zu können und unsere hochmotivierten Mitarbeiter bei guter Laune zu behalten. Viele haben wir in unser Herz geschlossen und werden das Zusammenarbeiten vermissen, wenn die Teststation im Juni geschlossen wird.

Unser Fazit nach gut zwei Jahren: Eine intensive, unglaubliche und horizonterweiternde Zeit liegt hinter uns, die wir nie missen möchten. Wir haben so viele engagierte und motivierte Personen kennen und schätzen gelernt. Wir möchten keinen einzigen Moment missen. Zu Beginn waren wir im Glauben, die Pandemie steuern zu können; nun, zwei Jahre später, wissen wir, die Pandemie war uns immer einen Schritt voraus, doch haben wir beide sehr viel dazu­gelernt.

Tanja Renz

Chiwith Baumberger

Chiwith Baumberger und Tanja Renz sind leitende MPA und Mitglieder der Betriebs­leitung ATS