«Home monitoring» erfolgreich getestet

Mit den heute verfügbaren modernen Sensortechniken und einfachen digitalen Übertragungsmöglichkeiten könnten viele Patienten zu Hause überwacht werden. Mit einem Pilotprojekt haben wir die Praktikabilität des Home Monitoring seit Winter 2021 überprüft.

Die Notfallstationen sind übervoll und es finden sich keine freien Betten mehr in den Spitälern. Seit der zweiten Covid-Welle wurde das Home Monitoring in verschiedenen Ländern mit Erfolg eingesetzt, zum Beispiel in Arezzo im Norden der Toskana an über 250 Patienten.

Methode
Das Projektteam besteht aus Mitarbeitenden der Klinik Arlesheim, dem Praxiszentrum Reinach, unserer medizinischen Notrufzentrale MNZ und Masimo Schweiz AG unter der Leitung der AeG BL. Die Überwachung basiert auf einem einfachen telemedizinischen Tool, welches die vitalen Daten des Patienten mittels eines Sensors am Finger (Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung und Puls) sowie eines zweiten Sensors auf der Brust (Körpertemperatur) misst und über das Handy direkt an das Monitor ­Center, die MNZ, kontinuierlich weiterleitet, siehe Abbildung 1.

Nach Überprüfung der Funktion des Über­wachungssystems in Eigenversuchen, der Definition von Care-Programmen und Schulungen der involvierten Teams wurde das Home Monitoring an Patienten gestartet. Festgelegte Care-Programme für den jeweiligen Patienten bestimmen das Alarmmanagement bei der MNZ. Die Verordnungen des behandelnden Arztes bestimmen, was bei Veränderungen der Vitalzeichen zu tun ist, wie z. B. telefonische Kontaktaufnahme mit der Patientin, dem Patienten oder der Ärztin, dem Arzt.

Die Überwachung wird von ausgebildeten Pflegenden ausgeführt (24/7) mit einem 24-Stunden-Backup von Dienstärztinnen und -ärzten. Da die MNZ schon heute mit Notrufgeräten und Doccall arbeitet, ist sie prädestiniert, um diese zusätzliche Überwachung sicher durchzuführen. Die Parameter können erweitert werden, je nach den Bedürfnissen des Patienten, wie zum Beispiel Körpertemperatur, Blutdruckmessung oder tägliche Gewichtskontrolle. Die Verbundenheit mit der Überwachungszentrale gibt den Patienten Sicherheit und Komfort. Da das System auf Open Source basiert, können Geräte anderer Hersteller integriert werden.

Resultate

Bis heute haben wir 18 Patienten mit Home ­Monitoring überwacht und sie konnten damit entweder früher aus dem Spital austreten oder mussten erst gar nicht hospitalisiert werden. ­Anfänglich wurden vorwiegend Patienten mit Covid überwacht, im Verlauf aber auch Patienten mit Pneumonien oder Urosepsis. Keiner der Patienten musste ins Spital aufgenommen oder rehospitalisiert werden. Im Durchschnitt wurden die Patienten während drei Tagen von der MNZ monitorisiert.

Der Kontakt zwischen Patientinnen, Patienten und dem Personal der MNZ ist sehr wichtig und garantiert, dass sich die Patienten zu Hause trotz ihrer Krankheit wohl und sicher fühlen. Bei Problemen (wie z. B. Ablösung des Sensors nach ­einer Dusche) konnten die Mitarbeitenden des MNZ jeweils helfen.

Die Patientinnen und Patienten konnten sich zu Hause fast ohne Einschränkungen bewegen. Dies ist ein wichtiger Erfolgsfaktor des Home Monitorings. In einer randomisierten Pilotstudie [1] wurde aufgezeigt, dass Patientinnen und ­Patienten zu Hause im Durchschnitt 209 Minuten pro Tag aktiv sind versus 78 Minuten im ­Spital mit der gleichen Erkrankung. Die Sicherheit und die Bewegungsfreiheit zu Hause wurde von den Patienten sehr geschätzt.

Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass sich das Home Monitoring bewährt, es jedoch eine sorgfältige Auswahl der Patientinnen und Patienten braucht. Eine gute Schulung der Patientinnen und Patienten zu Beginn der Überwachung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, sie braucht jedoch genügend Zeit. Die Kosten für den Sensor liegen bei 140 Franken, die Vergütung des Monitorings ist für Covid-Patienten mit einer Position auf
der MiGeListe zum Teil gelöst, die ärztliche ­Leistung kann mit Tarmed abgerechnet werden. Home Monitoring entspricht auch den Vorgaben von WWZ (Wirtschaftlichkeit, Wirksamkeit und Zweckmässigkeit). Ein Tag Home Monitoring kostet nur ein Drittel eines Tages im Spital [2], noso­komiale Infektionen werden verhindert und weil die Patientinnen und Patienten zu Hause bleiben können, braucht es keine Reintegrationsmassnahmen wie nach einer Spitalentlassung.

Damit auch Patienten mit anderen Erkrankungen als Covid vom Home Monitoring profitieren können, braucht es zusätzliche Positionen auf der MiGeListe.

Literatur

1 Hospital-Level Care at Home for Acutely Ill Adults: a Pilot Randomized Controlled Trial: J Gen Intern Med.2018 May;33(5):729-736. doi: 10.1007/s11606-018-4307-z. Epub 2018 Feb 6

2 A Cost-Utility Analysis of Remote Pulse-Oximetry Monitoring of Patients With COVID-2019 William V. Padula, PhD, Marlea A. Miano, MD, Marcella A. Kelley, MHS, Samuel A. Crawford, MS, Bryson H. Choy, Robert M. Hughes, DO, Riley Grosso, MD, Peter J. Pronovost, MD, PhD; https://doi.org/10.1016/j.jval.2021.09.008

Dr. med. Conrad E. Müller

Vizepräsident der AeG BL