Geschätzte Leserinnen und Leser

Zusammen blicken wir zurück auf zwei Jahre Pandemie. Dies nicht wissenschaftlich oder politisch, sondern mit persönlichen Erfahrungsberichten und Einschätzungen.

Hier mein persönlicher Rückblick als Präsident der Ärztegesellschaft Baselland (AeGBL).

Schon früh in der Pandemie im März 2020 hat die AeGBL Verantwortung übernommen. Unser Engagement im Rahmen des Kantonalen Krisenstabs (KKS) wurde zuerst mit Überraschung und durchaus etwas Skepsis auf­genommen, dann akzeptiert und zunehmend geschätzt. Beeindruckend war der Start mit den ersten beiden Meetings (Stabsarbeitstage) des erweiterten KKS. Zu erleben, dass ein Stab von über 50 Beteiligten, vom Regierungsrat über die Profis vom KKS bis hin zu den Zivildienstleistenden, völlig unkompliziert und ungeachtet von Rang und Namen zielgerichtet zusammenarbeitet, war beeindruckend.

Falls unser Team der AeGBL oder unsere beiden leitenden Medizinischen Praxisassistentinnen (MPA) bei der Planung Unterstützung brauchten, wurde dies raschmöglichst er­ledigt, die Zusammenarbeit war immer hilfreich und zielführend. Nur so war es möglich, innert Wochenfrist zwei Abklärungs- und Teststationen (ATS) und ein Referenzspital (Kantonsspital Bruderholz) auf die Beine zu stellen und in Betrieb zu nehmen.

Im Rahmen der von uns geführten ATS hat das Leitungsteam aus zwei ärztlichen Leitern und den beiden leitenden MPA während zuletzt 27 Monaten an 7 Tagen die Woche die schweizweit grösste Station betrieben mit einer ursprünglich geplanten Kapazität von 120 Personen pro Tag bis hin zu einer maximalen Auslastung von in Spitzenzeiten 3000 Personen pro Tag. Dabei wurde jeder symptomatische Patient ärztlich beurteilt
und ­triagiert.

Dies alles war nur möglich durch die Unterstützung und den Einsatz vor Ort von vielen Ärztinnen und Ärzten der AeGBL und einem sehr treuen Stamm von medizinischen und administrativen Mitarbeitenden.

Die ATS war auch wichtig für wissenschaftliche Studien, dies in enger Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, dem Schweizerischen Tropeninstitut in Basel, dem BAG und den kantonalen Behörden. Die daraus gewonnenen ­Erkenntnisse waren unter anderem wichtig für das repetitive Testen in Alters- und Pflegeheimen sowie in den Schulen.

Nach der Verfügbarkeit von Impfungen konnten nebst dem Betrieb der zentralen Impfzentren zunehmend Arztpraxen und Apotheken zur Verimpfung gewonnen werden. Dies trotz nicht unerheblicher logistischer und administrativer Hürden.

Covid wird uns weiter begleiten. «Leben mit COVID» ist die Devise, und wir sind gut beraten, diese Krankheit weiter ernst zu nehmen, deren Bedeutung aber auch nicht zu überbewerten. Auffällig sind die völlig unterschiedlichen Krankheitsverläufe. Es kann durchaus sein, dass betagte Patienten kaum Symptome haben, während junge gesunde Menschen mit heftigen Einschränkungen und «Long COVID» konfrontiert sind, welche zu einer dramatischen Beeinträchtigung der körperlichen und intellektuellen Leistungsfähigkeit führen können.

Definitiv war nicht alles ideal und richtig, was in den letzten gut zwei Jahren passiert ist. Dass Patienten auf ­Intensivstationen ohne Beisein ihrer Lebenspartner gestorben sind, dass Betagte in unseren Alters- und ­Pflegeheimen durch das Besuchsverbot noch mehr vereinsamt sind und ihres Lebensmutes beraubt wurden, stellt ein dunkles Kapitel in der Pandemie-Bewältigung dar. Hier gilt es zwingend, für allfällige spätere Er­eignisse dieser Art die Lehren zu ziehen und menschliches Leid zu vermeiden.

Wie wir alle erlebt haben, führte COVID nebst viel Solidarität auch zu einer teilweisen Spaltung der Gesellschaft. Wobei es mir scheint, dass einige dieser Gräben schon vorhanden waren und durch die Pandemie lediglich aufgerissen und manifest wurden. COVID wurde auch missbraucht, um gegen möglichst alles zu demonstrieren, was zu einer gewissen Radikalisierung geführt hat. Allzu oft hatte ich den Eindruck, dass Toleranz und gesunder Menschenverstand auf der Strecke geblieben sind.

Bleibt zu hoffen, dass unsere Gemeinschaft diese wie auch die weiteren Herausforderungen bestehen wird und letztendlich Toleranz und gesunder Menschenverstand wieder ihren festen Platz in unserer Zivilgesellschaft finden werden.

Mit herzlichen Grüssen

Dr. med. Tobias Eichenberger

Dr. med. Tobias Eichenberger

Präsident der Ärztegesellschaft Baselland