Die Schweiz im Griff der Tabaklobby – die Hintergründe

2004 hatte die Schweiz zwar das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Eindämmung des Tabakkonsums («Framework Convention on Tobacco Control – FCTC») unterzeichnet, doch das Abkommen ist bis heute nicht ratifiziert.

Mit diesem FCTC-Rahmenübereinkommen hat die internationale Staatengemeinschaft Massnahmen ergriffen, um ihre Bürger vor den gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen. Damit sind die Staaten seit 2005 rechtlich verpflichtet, die Nachfrage nach Tabakprodukten zu reduzieren und das Angebot zu kontrollieren. Das von der WHO verwaltete Rahmenabkommen enthält Minimalstandards und könnte von allen Staaten problemlos ratifiziert werden. Dass die Schweiz dieses Abkommen immer noch nicht ratifiziert hat, findet Prof. Mark Pieth (emeritierter Ordinarius für Strafrecht UNI Basel) skandalös: «Damit senden wir einmal mehr die Botschaft in die Welt hinaus: Wir Schweizer stellen das Geschäftemachen über alles – und bestätigen damit das Bild des ‹ugly swiss› im Ausland.» [1]

Nicht nur bezüglich Prävention schneidet die Schweiz gemäss Tobacco Control Scale (siehe auch Artikel von Wolfgang Kweitel, Seite 3) kläglich ab, sondern beispielsweise auch bezüglich Besteuerung. So etwa sind die Tabaksteuern, gemessen am Lohn- und Kostenniveau, in der Schweiz tief.

Während die WHO einen Steueranteil von mindestens 75 Prozent des Einzelhandelspreises empfiehlt, liegt er in der Schweiz bei 60 Prozent.

Zwar will der Bundesrat neu auch E-Zigaretten besteuern; den Vorschlag aber, die Steuern für sämtliche Tabakwaren anzuheben, lehnt er ab. Auch findet sich in seiner Botschaft zur Umsetzung der Initiative zum Werbeverbot kein Vorschlag, wie die Förderung der Gesundheit von Minderjährigen zusätzlich gestärkt werden könnte – obwohl auch das eine Forderung der Initiative war.

Die Folgen all dieser Unterlassungen: Der Anteil an Raucherinnen und Rauchern liegt in der Schweiz seit zehn Jahren konstant bei etwa 27 Prozent. Von den 15- bis 24-Jährigen rauchten hierzulande in den vergangenen Jahren gar über 30 Prozent.

Literatur

[1] Synapse 1/19

Bernhard Stricker

Mitglied der Redaktion Synapse