«Hospital at Home» der Klinik Arlesheim – ein neues Behandlungssetting etabliert sich in der Gesundheitsversorgung

In der Region Nordwestschweiz ist die Klinik Arlesheim Vorreiterin des Konzeptes «Hospital at Home» (HaH). Eine erste Zwischenbilanz ist vielversprechend und zeigt positive Ergebnisse, auch wenn noch nicht alle Probleme (Finanzierung) ­gelöst sind.

Smart Health schreitet voran
Die Entwicklung in Richtung Smart Health schreitet voran, es ist eine Frage des eigenen Mindsets, der eigenen Denkweise, ob man diese Entwicklung als Evolution betrachtet oder nicht. Man kann die Digitalisierung in der Medizin ­befürworten, skeptisch beäugen oder gar bekämpfen (an dieser Stelle verweise ich gerne auf unsere Ausgabe Synapse 1/23 zum Thema Künstliche Intelligenz in der Medizin) – auf jeden Fall ist sie schon in vollem Gange und eröffnet neue Möglichkeiten in der medizinischen Ver­sorgung unserer Gesellschaft! Dank Smart Health können wir nicht allen, aber einigen ­grossen, gesellschaftlichen und gesundheits­politischen Hürden, die auf uns zukommen, entgegentreten sowie dem demografischen Wandel und den ökonomischen Aspekten der Gesundheitsversorgung die Stirn bieten.

Wenn man den Zahlen von McKinsey & Company in Kooperation mit der ETH Zürich vom September 2021 Glauben schenken will, lag das Nutzungspotenzial aller Digitalisierungsmöglichkeiten im schweizerischen Gesundheitssystem im Jahr 2019 bei 8,2 Mia. Franken. Das grösste Nutzungspotenzial von 2,6 Mia. CHF liegt gemäss dieser Analyse bei den Onlineinter­aktionen, also u. a. den Fernkonsultationen und Fernüberwachungen und in Konsequenz bei den sinkenden Hospitalisationszahlen insbesondere bei chronisch Erkrankten.

Home Monitoring hat sich in der Pilotphase als wirtschaftlich, wirksam und zweckmässig erwiesen
Angesicht solcher Perspektiven, aber auch in Anbetracht des bestehenden Fachkräftemangels, welcher bereits zur Reduktion von Akutbetten im stationären Bereich führt, sind neue Möglichkeiten im Zusammenhang mit Smart Health gefragt. Die Ärztegesellschaft Baselland (AeGBL) hatte unter Mitwirkung der Klinik ­Arlesheim, des Praxiszentrums Reinach, der ­Medizinischen Notrufzentrale (MNZ ) und ­Masimo Schweiz AG während der Covid-Pandemie ein Pilotprojekt für ein alternatives Behandlungsmodell ge­startet. Dabei ging es um das Home Monitoring, in der Synapse 1/23 berichtete Conrad E. Müller über dessen erfolgreiche Testung. Die ­Ergebnisse des Home Monitorings, des kontinuierlichen telemedizinischen Monitorings von Vitalparametern wie u. a. Puls, O2-­Sättigung und Atemfrequenz mittels digital übermittelnder Überwachungsgeräte, waren durchwegs er­freulich: Das Home Monitoring (HM) hat sich in der Pilotphase als wirtschaftlich, wirksam und zweckmässig erwiesen. Und ein Tag HM kostet nur ein Drittel eines Tages im Spital! (Siehe auch den aktualisierten Artikel von Dr. C. E. Müller auf Seite 7 in dieser Synapse.)

Hospital at home – ein spitaläquivalentes Behandlungskonzept
Von diesen positiven Erkenntnissen und technischen Möglichkeiten beflügelt, entwickeln sich derzeit in der Schweiz mit den «Hospital at Home»-Projekten (HaH) Modelle der Zukunft für eine integrierte Gesundheitsversorgung und eine patientenorientierte Medizin. So in Zürich an der Klinik Zollikerberg unter dem Namen ­«Visit» oder an die Hirslanden-Klinik ange­bunden als HaH-AG. Die Grundvoraussetzung für alle HaH-Projekte ist das sichere Home ­Monitoring. Allerdings liegen die Hürden für dieses für Schweizer Verhältnisse neue Konzept der Patientenbetreuung nicht alleine beim modernen Datenmanagement und bei den hohen ­Anforderungen an Kommunikation und Kooperation an den Schnittstellen des Gesundheitsver­sorgungssystems. Die grösste Herausforderung wird die Finanzierung sein – sie ist im aktuellen Tarifsystem der Schweiz noch ungeklärt.

In der Region Nordwestschweiz hat die Klinik Arlesheim, so wie schon beim Pilotprojekt des Home Monitorings, mit einem Team um Severin Pöchtrager, Leitender Arzt an der Klinik, das Momentum für ein neues Medizinmodell erkannt und die Entwicklung eines eigenen HaH-Konzeptes vorangetrieben.

«Das ‹Hospital at home›-Konzept versteht sich als spitaläquivalentes Behandlungskonzept,»

… sagt Severin Pöchtrager im Gespräch mit der ­Synapse-Redaktion. «Das ‹Hospital at home› ist ein Zwischenstück zwischen der stationären ­Medizin und der ambulanten Medizin, in unserem Fall zwischen der Klinik Arlesheim und dem Walk-in 24/7 an der Klinik. Es ist ein akutmedizinisches Angebot, interdisziplinär, telemedizinisch unterstützt mit einer 24/7-Betreuung zu Hause über ein Home Monitoring.»

Das Monitoring von z. B. O2-Sättigung, BD und Puls wird von der MNZ (Medizinischen Notfallzentrale) überwacht. Die Mitarbeiter in der ­Zentrale sind geschult, überwachen per Bildschirm und alarmieren, wenn die vom HaH-Team gesetzten Limiten überschritten werden. Das Sensorensystem zur Vitaldatenmessung kommt von der Masimo AG, es können aber auch Geräte anderer Hersteller integriert ­werden. «‹Hospital at Home› ist nicht einfach eine erweiterte Hausarztmedizin, sondern eine spitalersetzende Medizin», so Pöchtrager weiter, «es geht darum, Akutmedizin durch moderne Technik zu den Patienten nach Hause zu bringen, analog, wie das international schon seit den 1990er Jahren praktiziert wird.»

Enger Erfahrungsaustausch mit inter­nationalen HaH-Leadern
Tatsächlich gibt es das Modell des «Hospital at home» im Ausland bereits seit einigen Jahren, dort scheint das Zeitalter neuer Technologien der Telemedizin wie Wearables, Übermittlung und Vernetzung von Überwachungsdaten etwas früher begonnen zu haben, z. B. in Spanien, wo HaH bereits seit mehreren Jahren angeboten wird. Besonders Katalonien konnte während der Corona-Pandemie mittels Home Montoring und HaH die Versorgungssituation entschärfen und sehr rasch die verfügbaren stationären Betten verdoppeln, gleichzeitig sank dadurch insgesamt das Übertragungsrisiko. Oder in Israel, wo HaH schon länger funktioniert und gezeigt werden konnte, dass die Pflegedauer, aber auch die ­Anzahl von Wiedereintritten gegenüber von konventionellen Hospitalisationsbehandlungen reduziert werden konnten. Severin Pochträger sagt dazu: «Es ist nicht nur eine Annahme, ­sondern es ist in internationalen Studien nachgewiesen, dass man gegenüber einer stationären Versorgung in einem Spital weniger Schlafmedikamente braucht und deutlich weniger Stürze und weniger Altersheimaufenthalte nach einer akutmedizinischen Intervention hat, wenn die Versorgung über HaH erfolgt ist.»

Der Erfahrungsaustausch mit internationalen HaH-Leadern ist eng, im April 2023 fand der 3. World Hospital At Home Congress in Barcelona statt, das einzige globale Event dieser Art. Anlässlich der Programmschwerpunkte des ­Kongresses lassen sich die Herausforderungen erkennen, mit denen die HaH-Community umzugehen hat und die international dieselben sind wie in der Schweiz, u. a. Ausbildung des Personals, Evaluation geeigneter Technologien, Messbarkeit von Effektivität und ­Effizienz und, allem voran, Finanzier­barkeit.

In der Region Nordwestschweiz war die Klinik Arlesheim auf der Grundlage der positiven Ergebnisse der Monitoring-Pilotphase im Jahr 2022 die erste Klinik, die ein Behandlungskonzept mit ­einem eigenen HaH-Team entwickelte. Caroline Stierle, leitende Ärztin des HaH, führt aus: «Das Kernteam von HaH setzt sich aus Dipl. Pflegenden und Ärzten zusammen, in ­Kooperation mit Physiotherapiepraxen kommen Physiotherapeuten ab dem zweiten Tag dazu. Die Spitaläqui­valenz soll auch in der funktio­nierenden Basisdiagnostik erreicht werden, mit Ultraschall, EKG, Labor (als POCT aus dem ­Visitenbus), ­ähnlich dem Angebot eines Regionalspitals im Nacht-/Wochenendmodus. Unserem Einsatzteam steht ein Visitenrucksack mit Ausrüstung für VP, Infusionen und Vitalpara­meter zur Ver­fügung, eine Wickelkiste für ­äussere Anwendungen entsprechend der an­throposophischen ­Medizin, ein normierter ­Notfallrucksack mit Defi usw., aber auch O2-­Flaschen und Mobilitäts­hilfen (Rollstuhl).»

Ein leistungsstarkes HaH benötigt stationäre Strukturen im Hintergrund
Die Zuweisung an HaH der Klinik Arlesheim muss zwingend über eine Notfallstation oder über den Hausarzt geschehen.

Es ist wichtig, dass HaH von den Patienten nicht als Hausarztersatz missverstanden wird»,

sagt Caroline Stierle. «Die Triage läuft über ein NF-Telefon der HaH-Zentrale – es gibt dabei klare Kriterien für eine Aufnahme ins HaH, ebenso wie klare Ausschlusskriterien.»

Die HaH-Versorgung organisiert sich in der Schweiz regional. International liegen die von HaH-Teams betreuten Radien bei ca. 20 km, in der kleinstrukturierten Schweiz ist es deutlich weniger, sagt Severin Pöchtrager: «Wir operieren von unserer Basisklinik Arlesheim derzeit mit einem einzelnen HaH-Team. Da Wege zurückgelegt werden müssen, ist für uns ein Radius von ca. 5 km für die HaH-Versorgung realistisch.» Neben dem Wunsch, das HaH-Angebot an der Basisklinik Arlesheim auf zwei oder drei Teams auszubauen und sich vielleicht noch in Regionen mit einer echten Versorgungsnot in der statio­nären, geriatrisch-internistischen Medizin wie z. B. das Laufental auszustrecken, hat Severin Pöchtrager die Vision, dass über die kommenden Jahre der regionale Ausbau für eine flächendeckende Versorgung mit HaH gelingt. «Für die Zukunft braucht es neue Spots mit HaH-Teams. Ein leistungsstarkes HaH benötigt stationäre Strukturen im Hintergrund, welche z. B. das KSBL bieten könnte.» Severin Poch­träger hofft, dass der Funke des HaH-Konzeptes auch auf ­andere Spitäler überspringt. Dabei ­versteht sich das HaH der Klinik Arlesheim als Vermittler von Wissen und Kompetenz. «Die HaH-Community in der Schweiz ist mit dem Kongress in Barcelona noch näher zusammen­gerückt und hat die Gründung der gemeinsamen ‹Swiss HaH-­Society› beschlossen. Die involvierten Institu­tionen, allem voran das Spital Zollikerberg, das Spitalzentrum in Biel, das Spital Baden, das ­Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) und auch wir, sind im regen Austausch mitein­ander, tauschen Konzepte aus, überprüfen ­unsere Qualität und lernen voneinander. Zudem entwickeln wir in Zusammenarbeit mit der ­Fachhochschule (FH) Bern Evolutionskonzepte. Über diese ‹Swiss HaH-Society› möchten wir Hand bieten, auch internationales Know-how neuen HaH-Projekten zur Verfügung zu ­stellen.»

Spitex: DIE Institution der ersten Stunde in der ambulanten Medizin
Auf dem Gesundheitsmarkt gibt es bereits viele Player – alle in einen Handlungsfluss zu bündeln, Akzeptanz für neue Konzepte zu generieren, die umfassende, integrierte Versorgung mit Patienten im Mittelpunkt zu etablieren und zu erhalten, ist eine grosse Herausforderung. Die Spitex ist DIE langjährige, etablierte und flächendeckend organisierte Anbieterin für häusliche Pflege und Behandlung, DIE Institution der ersten Stunde in der ambulanten Medizin.

Die Frage nach einer Integration der Spitex in das HaH-Konzept beantwortet Severin Pöch­trager vorsichtig-dezidiert: «Spitex ist ein wertvoller Profi in der Langzeitpflege, aber in der ­spitaläquivalenten Medizin braucht es pflege­seitig andere Kompetenzen. Einerseits muss sich das Ärzteteam extrem auf deren Einschätzung verlassen können, andererseits ist eine besondere pflegerische Kompetenz in der Akutmedizin zu Hause gefordert. 50 % unseres Pflegeteams bei HaH sind deshalb IMC-Fachkräfte (Inter­mediate-Care) – die können Akutmedizin.» Er führt internationale Zahlen und Erfahrungen an, die gezeigt hätten, dass eine spitaläquivalente HaH-Versorgung einwandfrei nur mit einem Team aus einer Hand funktioniere. «Ein Team funktioniert, weil es sich gut kennt und die ­Abläufe eingespielt sind, weil man täglich mit­einander Visite macht usw.! Jeder von uns weiss, wie aufwendig sich die Arbeit mit Leasing-­Personal gestalten kann.» Gleichzeitig relativiert er dahingehend, dass man an der Aufarbeitung der Kooperationen mit der Spitex ist und die Entwicklung insgesamt jetzt sehr erfreulich ist. Christiane Eberhardt, Pflegeexpertin im HaH der Klinik Arlesheim, fügt hinzu, dass die Spitex gerne dazugenommen wird, um die ununter­brochene Basisversorgung, also die Grundpflege, zu gewährleisten. Dies sei losgelöst von der HaH-Pflege i. S. der akutmedizinisch nötigen Behandlungspflege.

Schnittstellen mit Konfliktpotenzial
Es liegt auf der Hand, dass an dieser Schnittstelle Konfliktpotenzial mit bestehenden und wichtigen Akteuren im Gesundheitswesen besteht. Wirtschaftlich betrachtet bedeutet die Errichtung neuer Parallelstrukturen für die Kliniken ­immer auch interessante, neue Einkommens­modelle im hart umkämpften Gesundheitsmarkt. Dementsprechend hat sich die Spitex Schweiz am 16. August 2023 mit einer Pressemitteilung klar positioniert und ihre Wichtigkeit bei der Etablierung und Evolution von neuen «ambulant vor stationär»-Konzepten hervor­ge­hoben. Auch wenn Spitex Schweiz die Be­wegung HaH begrüsst, fordert sie eine tragende Rolle für die Erbringung pflegerischer Leistung zu Hause, und zwar von Anfang an. Sie fordert ihre zentrale Rolle trotz neu entstehenden Versorgungsstrukturen und möchte insbesondere verhindern, dass Spitäler neue Parallelstrukturen aufbauen, wenn hierfür die Spitex eingesetzt werden könnte.

Eine weitere Schnittstelle und Interaktionsebene sind die Hausärzte: Sie sind jahrelang für den ­Patienten im Lead und befinden sich im Be­ziehungsdreieck HaH-MNZ-Arzt. «Insgesamt ist das Echo positiv, oft höre ich von den nieder­gelassenen Ärzten, dass wir das machen, was der Hausarzt vor dreissig Jahren gemacht hat und jetzt nicht mehr leisten kann oder möchte.» Aus hausärztlicher Sicht ist klar, dass der Patient im Mittelpunkt steht und sich die Strukturen um ihn geeignet vernetzen müssen, um einer akutmedizinischen Situation gerecht zu werden. Hier geht es vor allem um Zuständigkeiten, wer den Lead übernimmt und konsequent danach handelt. «Es kann sein, dass wir den vom Hausarzt zuge­wiesenen Patienten in weitere Abklärungen ­schicken, der Patient liegt zwar im eigenen Bett, HaH hat aber den diagnostischen Lead.» Es gibt aber durchaus auch kritische Stimmen seitens der Hausärzte, sei es, dass sie während der HaH-Betreuung entweder gerne in Behandlungs­entscheide miteinbezogen werden würden oder eben gerade auch nicht. Beim HaH-Konzept darf der Anspruch der Hausärzte sein, dass das HaH-Team den medizinischen Lead vollständig übernimmt und Entscheidungsfindung in eigener Kompetenz erreicht, z. B. eine ausreichende Schmerztherapie installiert oder über Medikamentenanpassungen entscheidet – spitaläquivalent eben. An der Schnittstelle der «Rückver­legung» in die Hausarztmedizin, i.d.R. nach 5–9 Tagen, darf ebenso erwartet werden, dass das HaH-Team, spitaläquivalent, die Fortsetzungsbetreuung initiiert, z. B. die Anmeldung bei der Spitex. Rückmeldungen von der hausärzt­lichen Basis zeigen, dass hier die Zahnräder noch nicht reibungsfrei ineinandergreifen.

Ein nicht zu vernachlässigender Stakeholder im Konzept des HaH sind die Angehörigen. Severin Pöchtrager weist darauf hin, dass sie im HaH-Konzept hierarchisch auf eine ganz andere Art und Weise in die Betreuung mit eingebunden sind. Anders als im stationären Setting im Spital ist HaH auf die Angehörigen angewiesen, es ­findet eine rollende Patienten- und Angehöri­genedukation statt: «Sie sind in den Entscheidungsprozessen unmittelbar dabei und können partizipieren.»

Finanzierung als Knackpunkt
HaH hat den Anspruch, ein spitalersetzendes Konzept zu sein. Neben einer gesteigerten Patientenzufriedenheit sollen dabei auch die Gesundheitskosten sinken.

«International hat sich gezeigt, dass bei gleicher bis besserer Versorgungsqualität und weniger Komplikationen HaH gegenüber stationärer Behandlung unter dem Strich billiger ist»,

sagt Severin Pochträger. «Die HaH-Versorgung ist eine spitaläquivalente Medizin, darum braucht es auch eine stationsäquivalente Finanzierung – d. h., es braucht eine Fallpauschale», fordert Pochträger weiter.

Tatsächlich ist die Finanzierung der Knackpunkt. In der Schweiz steht einer unbehinderten Umsetzung des HaH-Versorgungskonzeptes die ­unterschiedliche Finanzierung ambulanter gegenüber stationärer Leistungen im Weg. Die Verhandlungen mit den Leistungsträgern, den Krankenkassen, für eine duale Finanzierung sind gemäss Severin Pochträger positiv angestossen. Als erster Kanton der Schweiz hat nun der ­Kanton Basel-Landschaft das neue Konzept HaH als Chance erkannt, um die Gesundheitsver­sorgung kosten- und qualitätsbewusst zu stärken, und er hat einen einmaligen Beitrag an das Pilotprojekt «Hospital at Home» der Klinik ­Arlesheim gesprochen. Damit ist die Finan­zierung analog zur stationären Behandlung, mit einem Kostenschlüssel 55 % (Kanton) zu 45 % (Versicherung), gewährleistet. Das Kostendach läuft für 18 Monate, von Mitte Juni 23 bis Dezember 2024. «Mit dieser Kostendachzusage sind wir mit unserem Pilotprojekt in der Pflicht, den Qualitätsnachweis zu erbringen, dass wir wirksam, sicher und wirtschaftlich sind», sagt Pochträger. Wie eine Finanzierung nach dieser Phase aussehen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. Seitens HaH der Klinik Arlesheim ­arbeitet man intensiv daran, mit möglichst vielen Krankenkassen vertragliche Vereinbarungen für eine duale Finanzierung zu erreichen.

«Hospital at Home» der Klinik Arlesheim – ein Versorgungsmodell zwischen stationär und ambulant

Die Klinik Arlesheim bietet mit «Hospital at home», kurz HaH, Patienten eine spitaläquivalente, akutmedizinische, telemedizinisch unterstützte 24/7-Überwachung und Behandlung zu Hause an. Das innovative Versorgungskonzept steht zwischen der stationären und der ambulanten Medizin. Das interdisziplinäre Team besteht aus ärztlichem und pflegerischem Personal der ­Klinik Arlesheim. Die Behandlungsübernahme von Patienten erfolgt durch Zuweisung, sei es von der Hausärztin oder dem Hausarzt, vom Walk-in der Klinik Arlesheim oder vom Notfall kooperierender Spitäler.

Definierte Triagekriterien, u. a. Diagnosen oder Regionalität, entscheiden anlässlich des Zuweisungsverfahrens, ob ein Patient für das HaH-Konzept geeignet ist. Für «Hospital at Home» der Klinik Arlesheim geeignete Diagnosen sind Pneumonie, dekompensierte Herzinsuffizienz, Infekt-exazerbierte COPD, Weichteilinfekte, febrile Zystitis/Pyelonephritis, Schmerzexazerbation, SARS-CoV2-Infektion, Exazerbation einer palliativmedizinischen Situation, akute Diarrhoe, hypertensive Entgleisung, Exsikkose u.ä.

Das HaH-Konzept will einen Beitrag zur Kostenreduktion im Gesundheitswesen leisten, bei gleichzeitigem Lebensqualitäts­gewinn für die Patienten. Der Kanton Baselland unterstützt die Pilotphase mit einem Kostenbeitrag von bis zu 500’000.– bis Ende 2024.

Dr. med. Christiane Leupold-Gross

Mitglied der Redaktion Synapse, Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin FMH

Dr. med. Severin Pöchtrager

Facharzt für Allgemeine Innere Medizin FMH, Anthroposophische Medizin FMH, Leitender Arzt an der Klinik Arlesheim und Verantwort­licher für Hospital at Home der Klinik

Dr. med. Caroline Stierle-Wirz

Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin, Leitende Ärztin am HaH der Klinik Arlesheim

Christiane Eberhardt

Pflegeexpertin am HaH der Klinik Arlesheim